Mein Wecker ist ein Traditionswecker, den ich zu Hause und auf Reisen in einer Schatulle aufbewahre. Direkt neben dem Revolver. Nachts starrt sein Ziffernblatt in die Dunkelheit.
Literatur oder Leben? Traum oder Alltag? Die Figuren in Alexander Graeffs neuen Erzählungen sind alle auf eine entrückt: Sonderling, Exzentriker, der sich normierten Lebensläufen verweigert.
Alexander GraeffLiteratur oder Leben? Traum oder Alltag? Die Figuren in Alexander Graeffs neuen Erzählungen sind alle auf eine entrückt: Sonderling, Exzentriker, der sich normierten Lebensläufen verweigert. Da ist der Urlauber in Cefalù, der sich ungewollt auf Beziehungskonstellationen einlässt, die er nicht durchschauen kann. Adam Kardamom, der nur in Briefen an seine Schwester Lili eine Möglichkeit zur Kommunikation findet. Adrina, die sich in Prag auf die Suche nach Sprache begibt.
Ein Melancholieschleier hängt über der Welt, die Alexander Graeff in seinen Erzählungen entwirft – eine Melancholie, die Vergangenheit, Kindheit und verlorenes Glück heraufbeschwört. Nach Süditalien, Prag, Warschau, Ägypten und Griechenland verschlägt es die weltläufigen Einzelgänger dieser Erzählungen. Verbindendes Element ist stets eine Sehnsucht: nach der verlorenen familiären Herkunft, nach anderen Menschen, nach einem eigenen Wort für das Selbst.
Graeffs Erzählungen sind auch als philosophische Versuchsanordnungen zu begreifen, in denen das Scheitern zum Prinzip erhoben wird. Denn die Flucht aus dem Leben gelingt nicht immer, man kann nur versuchen, zu verstehen, was die Menschen, die man hier kennenlernt, umtreibt. Indem Graeff an seinem literarischen Personal durchspielt, was hätte sein können, wo das Leben schief geht, vergewissert er sich nicht zuletzt gegen alle falschen Vorstellungen darüber, dass es gerade die Bruchstellen sind, an denen das Menschliche hell aufscheint.
Ich suche das Sein / Jayne-Ann Igel, Signaturen-Magazin / Mai 2014
Verhinderte Kanonengötter / Mario Osterland, Fixpoetry / 14. Mai 2014
Kebehsenuf / Anja Kümmel, satt.org / 1. Juni 2014
Alexander Graeff
Alexander Graeff, lebt und arbeitet als Autor, Herausgeber und Dozent für Ästhetik, Ethik und Pädagogik in Berlin. Promotion und zahlreiche Veröffentlichungen über Wassily Kandinsky. Ergebnisse seiner Schöpfungsprozesse sind gleichermaßen wissenschaftliche sowie belletristische
Texte. Grundlage seiner philosophischen Arbeiten ist eine konstruktivistische Weltauffassung, Themen sind meist existenzielle Lebenserfahrungen. Seine belletristischen Texte (Prosa, Lyrik) sind surreal. Alexander Graeffs wissenschaftliche Studien suchen die theoretische wie methodische Verbindung von Kunst, Literatur, Bildung und Philosophie.
Gerlinde Meyer
Gerlinde Meyer lebt & arbeitet als freie Grafikerin und Illustratorin in Leipzig. An der Hochschule für Grafik und Buchkunst hat sie Grafikdesign/Buchkunst studiert und viel Zeit in der Druckwerkstatt verbracht. In Frankreich hat sie eine Hütte gebaut, in einem tschechischen Schloß einen Winter verbracht, die Alpen mit dem Fahrrad bezwungen und immer Holzschnitte gemacht.