Es ist ein uralter Menschheitstraum: das Lesen von Gedanken. Es ist ein Glücksversprechen und Alptraum zugleich. Hier wird aus dem Traum Realität. Es ist die Grauzone – ein Elektroenzephalogramm. Hans Berger, Ordinarius für Psychiatrie in Jena, hat ihn geträumt, diesen ambivalenten Traum. Er wollte es lösen, das Menschheitsrätsel, und entwickelte ein Gerät zur elektrophysiologischen Aufzeichnung gedanklicher Aktivität: das noch heute bekannte Elektroenzephalogramm (EEG). In den 30er Jahren wähnte er sich auch in Bezug auf sein eigentliches Ziel, das Gedankenlesen, kurz vor dem Durchbruch. Schon spürte er das „Singen“ der Gedankenflamme und verzweifelte doch an der vermeintlichen Unzulänglichkeit seiner Erfindung. Von seiner Nominierung für den Nobelpreis wusste Berger nichts. Am 1. Juni 1941 beging Hans Berger, von seiner Universität abgeschoben und wissenschaftlich scheinbar marginalisiert, Selbstmord. Daniel Ketteler überträgt die Gedanken Bergers auf seine eigene Endlosrolle, im Beat hektischer Wortamplituden zuckt der Traum Bergers auf, surrt ihm eine schier unglaubliche Geschichte aus dem Schreiber. Hinter den cleanen Hörsälen der Schulpsychiatrie, da gären die alten Chimären weiter, da wurde über der Bergerschen Idee gebrütet. Unmerklich gelang ein Durchbruch: das Lesen von Gedanken, ein Hirnleseapparat. Aber Patienten und Ärzte streiten sich heftig ums Patent. Wer hat’s erfunden? Unterhalb der Klinikmauern – in einem Labyrinth, in dem die Patienten ihr eigenes, paralleles Königreich aus Schächten und Gängen schufen – entführt uns Ketteler in ein gedeihliches Schattenreich zwischen Gesundheit und Wahnsinn, mitten hinein in die heiße, assoziativ gelockerte Ursuppe der Manie, in einen Sud, in dem die reine Kreativität gedeiht.
Daniel KettelerEs ist ein uralter Menschheitstraum: das Lesen von Gedanken. Es ist ein Glücksversprechen und Alptraum zugleich. Hier wird aus dem Traum Realität. Es ist die Grauzone – ein Elektroenzephalogramm. Hans Berger, Ordinarius für Psychiatrie in Jena, hat ihn geträumt, diesen ambivalenten Traum. Er wollte es lösen, das Menschheitsrätsel, und entwickelte ein Gerät zur elektrophysiologischen Aufzeichnung gedanklicher Aktivität: das noch heute bekannte Elektroenzephalogramm (EEG). In den 30er Jahren wähnte er sich auch in Bezug auf sein eigentliches Ziel, das Gedankenlesen, kurz vor dem Durchbruch. Schon spürte er das „Singen“ der Gedankenflamme und verzweifelte doch an der vermeintlichen Unzulänglichkeit seiner Erfindung. Von seiner Nominierung für den Nobelpreis wusste Berger nichts. Am 1. Juni 1941 beging Hans Berger, von seiner Universität abgeschoben und wissenschaftlich scheinbar marginalisiert, Selbstmord.
Daniel Ketteler überträgt die Gedanken Bergers auf seine eigene Endlosrolle, im Beat hektischer Wortamplituden zuckt der Traum Bergers auf, surrt ihm eine schier unglaubliche Geschichte aus dem Schreiber. Hinter den cleanen Hörsälen der Schulpsychiatrie, da gären die alten Chimären weiter, da wurde über der Bergerschen Idee gebrütet. Unmerklich gelang ein Durchbruch: das Lesen von Gedanken, ein Hirnleseapparat.
Aber Patienten und Ärzte streiten sich heftig ums Patent. Wer hat’s erfunden? Unterhalb der Klinikmauern – in einem Labyrinth, in dem die Patienten ihr eigenes, paralleles Königreich aus Schächten und Gängen schufen – entführt uns Ketteler in ein gedeihliches Schattenreich zwischen Gesundheit und Wahnsinn, mitten hinein in die heiße, assoziativ gelockerte Ursuppe der Manie, in einen Sud, in dem die reine Kreativität gedeiht.
Irrer Spaß / Jan Kuhlbrodt, Fixpoetry / 16. Oktober 2012
Daniel Ketteler im Gespräch / Mario Osterland, Poetenladen / 20. Juni 2014
Daniel Ketteler
Daniel Ketteler geb. 1978 in Warendorf, studierte Medizin und Germanistik. Aktuell Arzt in Berlin. Zusammen mit Christoph Wenzel Herausgeber der Literaturzeitschrift [SIC]. Musik/Texte als „Elektro Willi und Sohn“.
Martina Wember
Martina Wember, geb. 1961 in Erlangen, studierte Kommunikationsdesign an der Kunsthochschule Berlin Weissensee und Kommunikationswissenschaften an der Universität der Künste Berlin. Sie illustriert für Tageszeitungen, Buchverlage und Agenturen. Ihr Stil ist minimalistisch und ironisch-assoziativ. Einige ihrer Zeichenbücher wurden prämiert von der Stiftung Buchkunst und vom Art Directors Club New York. Im Jahr 2009 ist ihr Plakat im Wettbewerb der Unesco City of Design für den CODE Berlin mit Gold ausgezeichnet worden. Sie lebt und arbeitet in Berlin.