Vor der Welt, vor dem Tag, vor dem Anblick der Sonne
vor der Ethik, vor der Einführung des Schwanzes,
vor meinem Freund in seinem Angesicht
vor dem Abschicken der Email, vorm Posten des Postings,
vor dem Aufmachen der Tür, die Hand auf dem Griff,
vor dem Antlitz des Fremden, die Hand um die Taille.
Sein Glied schwillt an, seine Lippen teilen sich.
Vor dem Sprechen ein Lächeln, eine Bewegung,
vor dem Sex zwei Wochen, es geht um Quantität.
Man muss warten, bis die Bakterien sich beruhigen.
Warten, bis das Gerede abflaut,
dann leben.
Merke dir:
Sei immer davor und dann spring.
Doch der Frühling ist das Besinnen
davor, und vergiss die Balladen.
Ich weiß, dass ich alles nehme und drehe
zu einer Interpretation, die mir helfen soll zu leben,
schau her, es geht so: es geht so weiter:
Die Bakterien sind das Resultat einer
ratlosen rastlosen Geste.
Sie grinsen in Kränzen davon, von dem einzigen Mal
ausgehend, wie Urteile, schadenfroh
blühen sie, Blüten der jüngsten Vergangenheit.
Und ich stille sie mit Cremen
wie Schnee und Frost das Leben einwiegt.
Es ist nichts.
Inzwischen warten wir
in Entfernung, Blick in Blick
außen viel Kälte
ausreichend um
die Zeit zu nehmen
die Zeit die wie der Frost und das Weiß
schärft die Extase zum Geschick
Ich bringe die Sache ins Sollen
Ohne Autoritätsgeschlecht
Autorität wird selbstverabreicht
Selbstregulierend – weitergegeben
Ganz automatisch vermischt sie sich
Mit Euphorie und birgt
Gefahr, davor zu erblinden, dass
Man vergibt
Sie ergibt sich nicht – sie wird ergeben
Ganz automatisch
Autorität ist immer ein Bitten zu dürfen
Das Verlangen ist ein
Bedürfnis nach Erlaubnis
Man gibt jemandem etwas zu dürfen
Die führende Hand wurde
In Führung gebracht
Was eine Person fühlt
Führt zur anderen Person
Ist auf sie zurückzuführen
Autorität gibt es nur beim Sex
Ohne Angst
Doch selbst wenn sich jemand fürchten will
Ist Phantasie der Ursprung
Nicht der Zwang an sich
Es ist kompliziert
Weil wir ein Netzwerk sind
Das seine Anschlüsse nicht kennt.
Mit Ann Cotten sprach ich darüber, dass Modalverben (hierbei die deutschen) Würze bringen. Ist es ein Können, ein Dürfen, ein Sollen? Geschlechtsverkehr beruht auf Modalverben. Sollte er zumindest. Und Geschlechterverhältnisse – auf welche Art Verb beruhen sie?
Die Pornographie als Kunstform ist in der Lage, dies aufzuzeigen und/oder zu hinterfragen. Aber Pornographie, wie jedes Kunstmedium, hat einen Mainstream und dieser ist meist unkritisch. Ich kann vom Mainstream-Porno keine Gender-Reflexion erwarten, sie kann aber vorkommen.
Jeder wird mir jetzt fragend vorwerfen: Was soll das sein – Mainstream? Nein, dies ist nicht postmodern überwunden. Es ist ultramodern.
Wir wollen kein Superheld sein, Männer
Weil wir uns vor Dildoman fürchten
Die Angst eine Superkraft zu sein
Nur der Penis
Ich hadre, nicht mehr sein zu können
Möchte mich nicht hinter Ihm verstecken
Können Männer auch am Penis enden?
Zweckmännisch
Wäre ich dann was? Wäre ich dir was?
Willst du mich reinpraktisch
Oder umständlichecht?
Bin ich dir nur ein Umstand?
Können Männer auch am Penis verenden?
Und die Moral von dem Geschlecht? Du
Wie du mich gegenbeweist
Wenn du an meinem Schwanz abfährst
Immer wieder meinen Oberschenkel
Auf und ab handstreichst
Und du stöhnst mich voll
Das A und O ist
Einstückweiter dein Leitfaden zu dir
Du hast ein Tiefseeleuchten
Was mir zeigt, wie weit ich noch
In mir vordringen muss.
Was ist unser Geschlecht – und was überhaupt macht es aus? Genderdebatte: Ich bin nicht müde, ich wache gerade erst auf: Bio-Sexus, Gender, etc. Wir definieren uns darüber und werden darüber definiert. Wir können uns über Geschlechterkonzepte hinwegsetzen und selbst ermächtigen, aber auch kategorisiert und unterdrückt werden. Wie lösen wir die Matrix der kulturellen Prägung?
Tim Holland schreibt an einem SciFi-Gedichtzyklus mit postevolutionären Wesen namens FUTUR DREI. Wie ist es eigentlich, wenn die Evolution sich weitertreibt und sich über sich selbst hinwegentwickelt. Können wir postgenital werden und geht das nur (zukunfts-)evolutionär? Es gibt in Tim Hollands Gedichten neue Geschlechter/ keine Geschlechter, neuen Sex, Glücksanzüge …
wir experimentieren, es ist wie immer:
geht es nicht auf, kippeln wir weiter, spiralen wir auf.
sand. strand. dornenbusch. entdeckt!
hier steckt ein bis an die zähne bewaffnetes geschlecht.
perlentausch. entdeckte geschlechter werden kolonialisiert. vielleicht
verhält es sich aber auch nur wie bei einem weiteren wlan-netz,
dem wir einen namen geben.
die kompatibilität ist hoch. unsere geschlechter sind frei kombinerbar.
nimm den adapter, wir sind stecksysteme, plugbar. körper
voller löcher in dessen innern das herz als kleiner planet rotiert.
plötzlich: schleudern. begehren. olle koinzidenz.
der zündholzkopf, bereits berieben, flammt auf.
entzündlichtkeit ist auch ein guter grund.
dann: oktopussistische anwandlung.
haben lang genug beobachtet, wesen und ihre möglichkeiten.
schließlich schlafen wir oder hatten andere schmerzen, zumindest die augen zu.
Wieso ich den Begriff Gender nicht fürchte? Na, weil er dazu da ist, sich von ihm frei zu machen; nur nicht so einfach, wie man denkt. Wovon reden wir eigentlich, wenn wir von Geschlechtern reden? Über Personen? Menschen? Teilweise – und dieses Teilweise stört mich. Eine Person kann so viele Distinktionsmerkmale haben, doch wir ordnen sie auch danach. Wir geben den Eigenschaften mehr Bedeutung als dem Subjekt, dem sie zukommen.
Wenn ich von männlich spreche, spreche ich nicht von anderen Männern. Oder doch, aber ich will es nicht. Viele können nicht damit leben, das ihr Begriff von Weiblichkeit nicht mit dem einer anderen Person übereinstimmt. Man wird selbst nicht bestätigt und das verunsichert. Das hat mich ebenso lange verunsichert: Was heißt männlich sein?
Wenn wir den Geschlechterbegriff generalisieren, idealisieren wir ihn. Das halte ich für einen Fehler. Wenn ich sagen würde: Ich liebe Frauen, oder ich liebe Männer, was würde ich eigentlich sagen? Sage ich nicht viel mehr darüber aus, wen oder was ich nicht liebe?
Wenn ich Gender sage, hoffe ich, dass irgendwann keine biologistisch-rationalistisch kulturell verklärten Anthropologisierungen mehr herrschen. Geschlechter sind Machtverhältnisse. Und Sex kann ebenso ein Machtverhältnis sein. Man kann sich mit Genuss und Wollen darauf einlassen. Oder man kann sich machtlos darin vorfinden. Machtpositionen können und müssen erfahren werden, aber wie kann das verharmlost geschehen? Reicht da pure Reflexion aus?
Ob Sexus oder Gender. Wir müssen der Macht entgegenstehen. Wir müssen uns heute unser Geschlecht erobern, es ist nicht frei; wir müssen uns frei machen.
Als müssten wir uns crossdressen
Um einander zu verstehen
Man braucht niemanden
Für Toleranz – Sexus Futurus
Bei Geschlechtern
Ist es wie mit der Zukunft
Durch Ungewisses
Schleicht sich Angst ein
Der Schwanz ist kein Prospekt
Und die Fotze niemals Katalog
Sonst enden wir noch
Bei windschiefen Genitalien
Geschlechter sollen uns verbinden
– nicht trennen
Sie sind nie konkret
Gewürfelt: Zufall oder Wahrscheinlichkeit
Wir brechen gegen
Wir preschen gegen Versteinerungen
Wir brauchen kein Achat
Weder Patri noch Matri
Matrix ist keine Lösung
Ich habe keine, nur eine Losung
Ohne Lossage
An Geschlechter, an sich selbst
Niemand braucht das Gegenteil
Um sich zu identifizieren
Niemals Nemesis.